Ab 2018 müssen Autohersteller in Neuwagen zwingend eine eCall-Funktion einbauen, die im Fall eines Unfalls automatisch oder bei manueller Auslösung Daten über Standort und Fahrzeugtype an eine Notrufzentrale sendet. Die Daten, die auf einer SIM-Karte im Auto gespeichert werden, sind allerdings problematisch – für den Konsumenten und für die Werkstätte. Sie verraten, erklärte Wolfgang Dytrich, Vorsitzender Wiener Großhandel Kfz-Teile, in einer Pressekonferenz einiges. Er nannte ein Extrembeispiel: „Theoretisch kann man feststellen, wie oft der Fahrzeughalter pro Woche im AKH ist. Theoretisch kann eine Versicherung auf diese Daten zugreifen, und dieser Fahrzeughalter bekommt keine private Krankenversicherung mehr.“
„Das Fahrzeug wird damit vermehrt gläsern, und das ist etwas, was wir dem Konsumenten mitgeben wollen“, betonte Dytrich. „Wenn er einen Kaufvertrag unter ein neues Auto unterschreibt, dann ist bei vielen Fahrzeugmarken bereits involviert, dass er die Rechte der Daten dem Hersteller übergibt.“
„Der Konsument kann, vorausgesetzt, er liest beim Kaufvertrag das Kleingedruckte nicht, gezwungen werden, nur bestimme Werkstätten anzufahren“, hakte Georg Ringseis, Landesinnungsmeister der Fahrzeugtechniker Wien, nach. „Außerdem könnten seine Daten, die im Fahrzeug gespeichert sind, nur für bestimmte Werkstätten abrufbar sein! Das heißt, wir haben dann nur noch ein relativ kleines Netz von Werkstätten, die die Fahrzeugmarke A warten und reparieren dürfen.“
„Wenn jetzt, wie wir befürchten, eine Monopolisierung der Fahrzeughersteller stattfindet“, so Georg Ringseis weiter, „dann geht es das gesamte Werkstättennetz an – das betrifft nicht nur die freien Werkstätten, sondern auch die Markenwerkstätten, die zwar ihre eigenen Marken vertreten, aber genauso markenfremde Autos in ihre Werkstätten bekommen durch den Verkauf von Gebrauchtwagen. Auch diese Fahrzeuge müssen gewartet werden. Auch das ist eine Kundenbindung, die die Werkstätten anbieten wollen. Die Kfz-Techniker sind Vertrauenspersonen, Ärzte in Blau, und jeder hat seine Werkstätte des Vertrauens. Wir treten dafür ein, dass das auch weiterhin passieren kann, indem ein freier Zugang zu den Daten gewährleistet wird.“
„Wir wollen, dass der Fahrzeughalter selbst entscheiden kann, wer welche Daten von seinem Auto bekommt“, sagte Dytrich. „Als Fahrzeughalter kann ich sagen, welche Werkstätte für mich zuständig ist, und wer mich daran erinnern soll, dass ich eine §57a-Überprüfung zeitgerecht durchführen lasse.“
Freier Teilemarkt
„Der nächste Punkt ist der freie Teilemarkt“, so Ringseis. „Nur durch den freien Teilemarkt und die individuelle Entscheidungsmöglichkeit des Konsumenten haben wir die Möglichkeit, die Fahrzeuge kostengünstig zu reparieren. Tritt aber eine Monopolisierung der Fahrzeughersteller ein, bedeutet das einen Preisanstieg der Teile und der Dienstleistung. Nur wenn diese Monopolisierung nicht stattfinden kann, bleibt auch das Auto finanzierbar. Unser Lebensstandard würde sinken, wenn man sich die Wartung und Reparatur des Autos nicht mehr leisten kann.“
„Wir wollen den Konsumenten sensibilisieren, dass er beim Kaufvertrag aufpasst, was er mit seiner Unterschrift genehmigt“, erklärte Dytrich. „Es besteht die Gefahr, und deshalb sind wir so unruhig, dass die Hersteller die Daten für sich beanspruchen wollen.“ Allerdings sei laut Auskunft von Dr. Kunnert in der Österreichischen Datenschutzbehörde im Bundeskanzleramt diese Zustimmung nicht rechtswirksam, weil es in dem fünf Seiten umfassenden Vertrag untergeht und der Kunde gar nicht wisse, was er da unterschrieben hat, erklärte Dytrich, „es sei denn, der Verkäufer hat ihm gesagt und es im Vertrag angezeichnet, was der Kunde da unterschreibt.“
Um die Datenhoheit für Autobesitzer zu sichern und damit die Grundlagen für einen fairen Wettbewerb zu schaffen, haben sich sieben europäische Verbände* zusammengeschlossen, die von der europäischen Kommission rechtliche Rahmenbedingungen fordern, um den freien Zugang zu Fahrzeugdaten für alle Marktteilnehmer zu sichern. Die EU-Kommission wird voraussichtlich im kommenden Juni über eine Gesetzesinitiative entscheiden.